Entstehungsgeschichte von Gefäll

 Um 1500 setzte eine starke Bevölkerungszunahme im Bereich der Vorrhön ein, die zu einer starken Rodungstätigkeit ohne Wissen der Fürstbischöfe führte. Aus dieser 3. Siedlungsperiode kommen die ersten urkundlichen Erwähnungen von Premich (1518) und Gefäll, einer nunmehr besiedelten Wüstung „Uffm Gefell“(um 1557).

Wabra (1) verweist unter Bezug auf Böhm/Rützel (2)darauf hin, daß die Leute „uffn Gefell“1574 erstmals bei der Erbhuldigung Julius Echters in Aschach teilgenommen hätten. Es war nämlich üblich, daß der neu gewählte Fürstbischof, seine Untertanen zum Beweis ihrer treuen Ergebenheit im jeweiligen Amt zur Erbhuldigung empfing. Im Standbuch 915, das eine genaue Aufstellung aller Teilnehmer enthält, werden die Gefäller jedoch nicht genannt.(3) Es wäre noch auf Grund von Namensgleichheiten zu untersuchen, ob Gefäller Einwohner bei der namentlichen Liste von Premich aufgeführt werden. In einem nicht datierten Schreiben, das jedoch auf Grund des Antwortschreibens auf November/Dezember des Jahres 1586 datiert werden muß, wird der Amtmann und Keller Valentin Echter von Mespelbrunn, der Bruder des Fürstbischofs Julius, aufgefordert über eine dem fürstbischöflichenAmt bisher unbekannte Siedlung zu berichten: „Demnach sich in diesem unserem Amt, nahe bei oder um Nickersfelden ein Ort befindet, die Wüstung uffn Gefell genannt. Hernach mir berichtet zu werden, ob dieser Ort bebauet und bewohnt.“ Ein Fragenkatalog verlangt sodann genaue Auskünfte zu dieser Wüstung. Außerdem soll darauf eingegangen werden: „Was es sunsten mit dieser Wüstung uffn Gefell für eine Bewandtnis habe“. Im Antwortschreiben vom 14. Jan. 1587 teilt Valentin Echter mit: „Wüstung Gefell: Die Wüstung, uff Gefell genanndt, geherdt zum Dorf Prementleiden, ist uff dem Saltzforst ungefehrlich vor 30 Jahren erbaut und wurde bewohnt, Uff gemelter Wüstung wonen 17 Mann, hat ein jeder seine besondere Herstadt. Wie dieselben mit Nahmen heißen, das haben Ihre fürstl. Gnaden hiermit ein Verzeichnis gnädig zur Befindung. Diese Persohnen uffn Gefell sind Ihrer Fürstlichen Gnaden, nit der Vogtey Erbhuldigung, Frondienst, Schatzung und allen anderen Sachen unterworfen. Und haben Güter, Äcker und Wiesen uffn Salzforst. ..So können auch sonsten keine Wüstung im Ambt ohn schaden und Nachtheil den andern Dorffschaften mehr angericht werden. Daß hab Ihrer Fürstlichen Gnaden zu unterthänig Bericht nicht verhelen sollen und thue Euerer Fürstlichen Gnaden mich hiermit zu Gnaden bevehlen.
Datum Waltaschach, dem 10. Januarii anno 87
Euerer FürstlichenGnaden
unterthänigst und gehorsamer
Valentin Echter vonMespelbrunn.“

In der Anlagewurde dem Schreiben die namentliche Liste der 17 Haushaltsvorstände von Gefäll beigefügt. Auf Grund von Vergleichszahlen ergibt sich, daß Gefäll somit zu dieser Zeit ca. 78 Einwohner hatte. Manche Gefäller Familie kann ihre Vorfahren sicher bis zu denGründungsvätern zurückverfolgen.

„Uff der Wüstung uffnGefell:
Michel Metz, Wolff Kleinhentz, Endreß Markhardt, Casper Schmidt,
Hannß Cleinheintz, Clauß Schlerith, Jacob Selner, Caspar Kirchner,
Caspar May, Oswaldt Metz, Hannß Cleinhentz, Enderß Sohn Michel, Schleriths Erben
Li (?) Foll, Hannß Foll, Lorentz Foll, Lorentz Suckfulen, Valtin Marckhardt
Summa 17 Persohn“

1 Josef Wabra, Führer durch die Kissinger Rhön,Bad Kissingen, 1968, S. 211
2 Ludwig Böhm/Karl Rützel, Geschichte desMarktes Aschach, 1902, S. 65
3 StAW, Standbuch 915, Einnahme der Erbhuldigung durch Fürstbischof Julius Echter u. a. im Amt Aschach, S. 350 ff


IMG_5. Gefäll Teilansicht

1587 wohnten "uff der Wüstung am Gefell" 17 Familien = 87 Einwohner, 1618 waren es 46 Familien mit 212 Einwohnern, und Fürstbischof Philipp Adolf (1624-1631) erteilte im 30jährigen Krieg (!) die Genehmigung zum Bau von 15 neuen Siedlungshäusern, deren Bewohner 24 Pfennige Grundzins zu zahlen hatten. Gefäll wurde nicht nur 1582 als Wüstung bezeichnet, sondern auch 1652. Im Jahre 1655 aber wies das Dorf bereits wieder 45 Höfe auf.
Vielleicht ist es am Ende des 30jährigen Krieges abgebrannt. 1655 wurden 5 neue Parzellen (8 Äcker) für 50 Gulden an die Gefäller verkauft, um den Viehtrieb zu erleich tern; denn die Würzburger Grenze verlief so dicht an den Bauernhöfen vorbei, daß das Vieh jedesmal über Würzburger Gebiet auf die Weide getrieben werden mußte. 1656 wurden 100 Acker »junger Schlag« in der Flur Leitenschlag zur Neurodung freigegeben, und 1674 wies Gefäll 55 Haushalte auf. Bis zum Jahre 1688 waren 1900 Morgen gerodet worden, heute sind es 2300. Gefäll war bis 1899 Sitz des Forstamtes, das dann nach Stangenroth verlegt wurde. Nach der Gründung von Langenleiten wanderten 29 Premicher dorthin aus.

Gefäll zählte im Jahre 1800 = 408 Einwohner und besaß 320 Schafe. Das Schulhaus wurde 1806 erbaut, 1906 abgebrochen und neu errichtet. 1937 erhielt der Ort einen Kindergarten. Gefäll gehörte ursprünglich zur Pfarrei Burkardroth, wurde 1692 der neugegründeten Pfarrei Premich zugeteilt, und 1853 legte man den Grundstein zur Kirche. Hierbei seien, so wird behauptet, die Münzen, die am 17.7. im Grundstein eingemauert worden waren, in der Nacht darauf bereits gestohlen worden. Der Hochaltar mit der Kreuzigungsgrupp soll ein Meisterwerk H. Schiestls sein. Am Kirchenspeicher wurde eine St.-Sebastiansplastik aus der Zeit um 1770 gefunden, die sinnvollerweise für das Kriegerdenkmal verwendet wurde. Es ist nicht bekannt, woher diese und andere Plastiken erworben worden waren. Im Jahre 1862 spendete Gräfin Behague, die als Kurgast von Bad Kissingen der Gefäller Kirche einen Besuch abstattete, aber keine Sitzgelegenheit vorfand, das Kirchengestühl. Besonders verdient machten sich die Geschwister Voll durch die Stiftung eines Grundstocks (40.000,- Mark) zur Errichtung einer Kaplanei.

Quelle: "Natur, Kunst und Kultur im Markt Burkardroth" von Otmar Zehnter.
 

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