Pfarrkirche „St. Petrus in Ketten“ Burkardroth

Die Kirche der Pfarrei „St. Petrus in Ketten“ ist eine der wenigen im Markt Burkardroth, die nicht durch einen Anbau oder Neubau umgestaltet wurde. Sie ist seit ihrer Fertigstellung 1699/1700 erhalten geblieben und daher prächtig und vielfältig ausgestattet. Aber nicht nur Burkardrother sind in diesem Gotteshaus zu Hause sondern auch Wollbacher, Frauenrother und Zahlbacher Christen haben hier bereits seit Jahrhunderten ihre geistliche und seelsorgerische Heimat gefunden.


Die Geschichte der Pfarrei und der Kirche ist sehr eng mit der Ortsgeschichte der vier Dörfer verbunden. Dank des unermüdlichen Wirkens des ehemaligen Pfarrers Anton Reinhard, der sowohl im Pfarrarchiv als auch bei den Ausgrabungen 1986 - 1989 an der Seite des Heimatpflegers Josef Wabra viele historische Erkenntnisse erlangt hat, sind Fakten und Belege erhalten, notiert und überliefert worden.
Die Kirchen im Abendland wurden ursprünglich so gebaut, dass man im Westen unter der Orgelempore den Raum betritt. Die Bänke waren so gestellt, dass man nach vorne zum Altar blickt, der sich im Osten befindet. Genauso ist das in Burkardroth, wo man durch ein Rundbogenportal in die Kirche hinein geht. Im ersten Moment ist man im Inneren erst einmal gefangen von der Größe und Weite dieses Gotteshauses. Ja, so stellt man sich eine katholische Kirche vor: Ein bisschen Prunk und Gold, Heiligenfiguren und vom Zahn der Zeit vergilbte Wände.

Im Eingangsbereich, unter der Empore ist bereits das erste Kleinod platziert, ein dreiseitiger Bildstock, der bis 1959 seinen Platz auf dem Burkardrother Friedhof hatte. Pfarrer Reinhard beschreibt ihn so: Die drei Hochreliefs stellen eine Ölbergszene, die Dornenkrönung und die Begegnung Christi mit den weinenden Frauen dar. Auf der Kapitälplatte (der oberste Teil einer Säule – Anm. d. Red.) der mit Weinlaub umrankten Säule steht die Jahreszahl 1684. Beim Betrachten des Bildstocks fällt einem unwillkürlich die dahinter, an der linken Wand, angebrachte Pietà auf. Sie wurde im Jahre 1888 von Wohltätern gestiftet, ist im Pfarrarchiv, wo Alfred Saam das gesamte Kircheninventar fotografiert und mit den bekannten geschichtlichen Daten einsortiert hat, nachzulesen. Bevor man nun in Richtung Altar weitergeht, erblickt man an den Säulen der Empore zwei weiße mit Gold verzierte Heiligenfiguren, den Hl. Antonius und Hl. Wendelinus. Die Holzstatue vom Hl. Wendelinus wurde 1887 vom Bad Kissinger Bildhauer Valentin Weidner angefertigt. Über den Künstler, der den Hl. Antonius geschaffen hat, ist derzeit nichts bekannt. Geht man an den Säulen vorbei, entdeckt man auf der dem Altar zugewandten Seite zwei weitere schlicht in weiß gehaltene und mit Gold verzierte Holzstatuen. Beide hat der Zahlbacher Bildhauer Ludwig Grom 1955 geschaffen. Die linke Holzfigur „Herz Maria“ wurde von Reinhard und Anna Schmitt aus Burkardroth gestiftet, während über die Rechte „Herz Jesu“ nicht vermerkt ist, warum sie in der Burkardrother Pfarrkirche steht. Beim weiteren Betrachten der Pfarrkirche bemerkt man die vielen Heiligenfiguren, die ringsum an den Wänden, zwischen den Fenstern hängen. An der Nordseite sind zwei heilige Frauen als Holzskulpturen abgebildet. Die eine Figur stellt Maria mit Kind als Rosenkranzkönigin dar. Allerdings ist nicht überliefert, wer sie wann geschaffen hat. Die zweite Holzfigur wurde von Emil Arnold aus Langenleiten gearbeitet und soll der Gendarm Georg Mangold um 1935 gestiftet haben. Ein Rätsel gibt auf, welche Heilige sie genau darstellt. Im Pfarrarchiv ist sie als Hl. Theresia vermerkt, allerdings lassen die Attribute – ein Kreuz und eine Rose – durchaus den Schluss zu, dass es sich bei der Figur auch um die Hl. Rita handeln könnte. Auf der gegenüberliegenden, südlichen Wand sind drei weitere, sehr prächtige Figuren platziert. Es handelt sich hierbei um den Hl. Michael, den Hl. Josef und um die Tragemadonna, im Pfarrarchiv Maienkönigin genannt. Der Hl. Michael ist als Ritter mit Engelsflügeln dargestellt. Er hält in der rechten Hand ein Schwert und mit der Linken seinen Schild, auf dem die Inschrift „Quis ut deus“ (Wer ist wie Gott) zu sehen ist. Der Hl. Josef trägt ein Kind auf dem rechten Arm und hält in der linken Hand eine Lilie, eine typische Darstellung des Heiligen, der als Schutzheiliger der katholischen Kirche angesehen wird.

Kommen wir nun zum mächtigen Hochaltar, einem viersäuligen barocken Aufbau, der 1718 vom Gemündener Bildhauer Anton Roth geschaffen wurde. Das Altarblatt verbildlicht die Kreuzigung Jesu und wurde 1730 von dem Münnerstädter Lehrer Peter Herrleins gemalt. Darüber befindet sich die Aufschrift „Consumatum est“ (Es ist vollbracht). Die lebensgroßen Steinfiguren links und rechts vom Altarblatt zeigen die ehemaligen Namenspatrone der Kirche St. Petrus und St. Paulus. Im oberen Teil des Altares entdeckt man das Bild der Dreifaltigkeit. Die beiden Engel neben dem Bild lassen sich leider nicht zuordnen, obwohl sie mit ganz bestimmten Attributen, wie zum Beispiel mit einem von drei Pfeilen durchbohrten Herz, dargestellt sind. Den oberen Abschluss des Hochaltares bildet das Wappen vom Erbauer der Kirche, des Fürstbischofs Johann Philipp von Greiffenklau. Der Altarraum ist das einzige „moderne“ in dieser Kirche, denn er wurde 1968 entsprechend den Erfordernissen der, nach dem II. Vatikanischen Konzil erneuerten, Liturgie umgebaut. Den Bronzealtar und die dazugehörigen Gegenstände schuf der Würzburger Kunstschmied A. Buri.

Die beiden Seitenaltäre sind ähnlich schön und prächtig gestaltet wie der Hochaltar und 1722 von dem Bischofsheimer Bildhauer B. Müller angefertigt worden. Links befindet sich der so genannte Marienaltar. Das Bild der Mutter Gottes wurde von den Gläubigen der Pfarrei mit Kollekten finanziert und, wie im Pfarrarchiv vermerkt ist, 1745 eingesetzt. Links neben dem Bild ist eine Statue der Hl. Barbara platziert und rechts die Hl. Katharina von Alexandria. Zu dem darüber befindlichen Bild gibt es zwei verschiedene Interpretationen. Im Pfarrarchiv ist notiert, dass darauf die seltene Darstellung der Mutter zusammen mit dem 12jährigen Jesus im Tempel abgebildet ist. Eine andere Auslegung lässt darin das Bildnis Mariens mit ihrer Mutter Anna erkennen. Der rechte Seitenaltar, den 1744 der Wollbacher Caspar Schmitt gestiftet hatte, nimmt durch das Altarblatt Bezug auf das außergewöhnliche Patrozinium „St. Petrus in Ketten“. Das Gemälde wird wiederum von zwei Heiligenfiguren umrahmt, dem Hl. Nikolaus mit Bischofsstab und dem Hl. Dionysius. Die darüber befindliche Darstellung zeigt die Szene der Bekehrung des Hl. Paulus.
In der Burkardrother Pfarrkirche gibt es sogar noch eine Kanzel, die allerdings nicht mehr genutzt wird. Sie wurde von dem Minoritenbruder Kilian Stauffer um 1700 erbaut. Auf dem Schalldeckel ist eine Holzfigur des auferstandenen Heilands platziert. Die vierzehn Kreuzwegstationen wurden 1775 von Albert Risse gemalt und sind sehr gut erhalten, da sie im 19. Jahrhundert restauriert werden konnten. Als weiteres Kleinod der Kirche ist der Taufstein zu betrachten, der noch aus der Vorgängerkirche stammt. Er wurde 1608 von Johann Christall gestiftet, einem für Burkardroth bedeutenden Lehrer.
Im Burkardrother Kirchenschiff gibt es 40 Bänke, die der Pfarrer Hans Hain 1946 gestiftet hat. Das benötigte Lärchenholz, so ist es im Pfarrarchiv notiert, stellte damals der Lohmüller Aquillin Faber kostenlos zur Verfügung. Die Bänke der rechten Seite wurden in der Burkardrother Schreinerei Otto Albert und die linke Bankseite beim Wollbacher Ludwig Geis angefertigt. Zählt man nun noch das Gestühl der zwei Emporen hinzu, ist für gut 600 Personen Platz in der Burkardrother Pfarrkirche. Die Orgel ist auf der zweiten Empore angeordnet, wo sie 1910 von den Würzburger Orgelbaufirma Schlimbach & Sohn gebaut wurde.

Zum Schluss noch ein paar Worte zu den Ausgrabungen 1986 bis 1989. Man stieß, so Pfarrer Anton Reinhard, auf die Grundmauern der Vorgängerbauten. So kam man zu dem Ergebnis, dass das jetzige Gotteshaus der 5. Kirchenbau an dieser Stelle ist. Der Grundriss der ältesten Steinkirche ist heute noch im Kirchgarten ersichtlich, ebenso sind dort die Grabungsergebnisse auf einer Tafel festgehalten. Folgende Erkenntnisse wurden gewonnen: Es gab wohl schon sehr frühzeitig, vermutlich in der Karolingerzeit um 800, eine Holzkirche in Burkardroth. Ungefähr in der Mitte des 12. Jahrhunderts wurde die erste Steinkirche gebaut. 1231 ließ Graf Otto von Botenlauben eine frühgotische Kirche errichten, wobei der Kirchturm erst etliche Jahre später, Ende des 13. Jahrhunderts gebaut wurde. Nach Übernahme der Mutterpfarrei Brend durch Maria Bildhausen ist eine Kirchturmerhöhung um 1326 erwähnt. Im Jahr 1497 wird die Erweiterung der Kirche vermutet. Von 1608 ließ Julius Echtner die alte, gotische Kirche bis auf den Turm und die Südwand abreißen und vollendete bis 1613 seinen Kirchenneubau. 1699/1700 wird die jetzige Kirche gebaut.

Wissenswertes zur Pfarrei
„St. Petrus in Ketten“ ist eine sehr seltene Namensgebung, dessen Patrozinium am 1. August begangen und auch als „Petri Kettenfeier“ bezeichnet wird. Die Kettenfeier bezieht sich auf die in der Apostelgeschichte 12 berichtete Befreiung des Petrus aus dem Kerker in Jerusalem. Zum Thema der Namensgebung führt Pfarrer Anton Reinhard in seinen Forschungen eine aus dem Jahr 1627 stammende ausführliche Beschreibung aus dem Amt Aschach an: „Obwohl als Kirchenpatron der Hl. Petrus angeführt und das Patrozinium am Fest Peter und Paul am 29. Juni gehalten wurde, würde das Kirchweihfest (dedicatio) am Sonntag nach St. Petrus in vinculis (in Ketten) gefeiert.“ Wahrscheinlich hatte ihn diese Feststellung dazu angeregt, das die Pfarrei wieder zur ursprünglichen Namensgebung, die sich nach dem Termin des Kirchweihfestes richtete, zurück zu kehren.
Anfänglich gehörte Burkardroth gemeinsam mit Wollbach und Stangenroth zur Urpfarrei Brend. Als Aschach zur eigenen Pfarrei erhoben wurde, führte man die drei Dörfer als Filialen zu. Die Zahlbacher gehörten zu dieser Zeit zur Pfarrei Stralsbach, da der Bach, die Aschach, als Pfarreiengrenze galt. Frauenroth, spätere Filiale von Burkardroth, stand als Kloster außerhalb der Pfarreienorganisation. 1497 wird eine Kaplanstelle für Burkardroth eingerichtet. 1587 trennt Bischof Julius die Filiale zu Zahlbach von der Kirche zu Stralsbach und schlägt sie der Pfarrei Burkardroth zu. Zwar fand Pfarrer Reinhard keine förmliche Erhebung zur Pfarrei und auch keine konkrete Jahreszahl, aber ab 1584 wirkte ein Pfarrer mit Namen Peter Aquarius (Wassermann) in Burkardroth und mit ihm beginnen die Matrikel (öffentliche Verzeichnisse). Zur Pfarrei gehörten damals die fünf Filialdörfer Gefäll (bis 1692), Frauenroth, Stangenroth (bis 1792), Wollbach und Zahlbach
Inzwischen ist die Pfarrei Burkardroth 425 Jahre alt und heute zählen die Einwohner der vier Ortsteile Burkardroth, Frauenroth, Wollbach und Zahlbach, rund 2500 Bürger dazu. Der Pfarrgemeinderat besteht aus 18 Personen, angeführt von Walter Kuhn. Als Kirchenpfleger ist Georg Rottenberger schon viele Jahre tätig. In Burkardroth werden unter anderem Kinder- und Familiengottesdienste abgehalten sowie Seniorennachmittage und Jugentreffs veranstaltet. Weiterhin ist hier die Katholische öffentliche Bücherei des Marktes im Pfarrheim angesiedelt. Auch wenn „St. Petrus in Ketten“ ein außergewöhnlicher Pfarreiname ist, eine Bauernregel gibt es dazu allemal: „Zu Petri Kettenfeier von diesem Ort ziehen die ersten Störche fort“

Text und Fotos: Kathrin Kupka-Hahn

Fotos:
Außenansicht
Innenansicht
der Taufstein
Das Deckengemälde stellt die Mutter Gottes dar.

 
 
 
 

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